Die Illusion der Gewissheit

Siri Hustvedt (2018): Die Illusion der Gewissheit; Rowohlt Verlag GmbH

„Ich staune heute noch darüber,
wie sicher sich Menschen einer Sache oft sind.
Ihre Gewissheit scheint sie zu einen.
Vieles andere bestimmt,
wer am lautesten schreit“

Mit diesem Essay über Geist und Körper hat sich die große amerikanische Intellektuelle Siri Hustvedt möglicherweise keinen Gefallen getan – und dem Leser auch nicht. Zweifelsohne ist Hustvedt äußerst belesen und in zahlreichen Facetten der Materie kundig; zweifelsohne stellt Hustvedt in ihrem über 300 Seiten starken Werk wichtige Fragen; und zweifelsohne lässt sie oft diejenigen zu Wort kommen, die mehr Gehör verdient hätten, als sie bisher gefunden haben. Aber zu unstrukturiert ist ihr Buch geraten, zu offensichtlich und bekannt sind die gestellten Fragen und zu selten gibt sie (neue) Antworten auf die gestellten Fragen, als dass sich die Lektüre des Buches wirklich lohnen würde.  Die Auszeichnungen für das Werk (z. B. mit dem Prix européen de l’essai Charles Veillon) mag man da fast eher als – ohne Frage angemessene – Würdigung der Person, denn als Maß für die Brillanz des Einzelwerks sehen.

Die Illusion der Gewissheit

Nacht ist der Tag

Über:
Peter Stamm (2013): Nacht ist der Tag

In Kürze:
Das besondere am Schweizer Ausnahmeautor Peter Stamm ist, dass er es schafft trotz einer äußerst lakonischen Erzählweise mit seinen Büchern eine unglaubliche Berührtheit zu erzeugen, die sich bis zu einem Sog steigern kann.  In „Nacht ist der Tag“ erzählt Stamm die Geschichte von Gillian, die bei einem Autounfall nicht nur ihren Mann Matthias, sondern auch ihr Gesicht verliert – und eigentlich verliert sie ihr ganzes bisheriges Leben. Ist das alles nur passiert, weil Matthias die Aktaufnahmen gefunden hat, die der Künstler Hubert einst von ihr machte? Und ist es Hubert, der sie – nach zahlreichen Gesichts-OPs – zurück ins Leben führt? Unabhängig davon wie der Leser diese Fragen für sich beantwortet, ist es faszinierend zu sehen, wie Stamm große Themen wie „Nähe & Distanz“ oder „Identität & Körperlichkeit“ reflektiert.

Noch kürzer:
Lacrima

Siehe auch:
Agnes

Nacht ist der Tag