Der gute Tod

Seneca: Der gute Tod (Reclam, 2017)

Der Tod, was ist er?
Das Ende oder ein Übergang.

Ich fürchte beides nicht.

In Kürze:

Das überaus lesenswerte kleine Büchlein fügt verschiedene Passagen über den Tod aus Senecas Lebenswerk thematisch geordnet neu zusammen.

Seneca erläutert, warum wir den Tod nicht zu fürchten brauchen und was der Tod für das Leben bedeutet. Er geht auch auf schwierige Themen wie den Suizid sowie den Tod naher Angehöriger ein. Zentral scheint dabei stets die Freiheit zu sein, die der Tod mit sich bringt: So lange er lebt, ist der Mensch frei, seinen Tod zu wählen und damit die Widrigkeiten des Lebens zu beenden. Mit Freiheit geht jedoch immer auch Verantwortung einher, denn keiner sollte die Freiheit zu sterben missbrauchen, um sich seinen Pflichten zu entziehen. Am Wichtigsten aber scheint, was wir durch die Reflexion über den Tod für ein gutes und gelingendes Leben lernen können.

Noch kürzer:

Sterbenskunde als Lebenskunde

Der gute Tod

Auf dem Weg

Yongey Mingyur Rinpoche mit Helen Tworokov: Auf dem Weg – Eine Reise zum wahren Sinn des Lebens (btb)

Es ging nicht mehr darum, dass ich Bäume sah,
denn ich war zu Bäumen geworden. 
Ich und Bäume waren eins.
Bäume waren nicht das Objekt des Gewahrseins
Sie manifestierten das Gewahrsein.

Yongey Mingyur Rinpoche verlässt sein Kloster, um ein Dreijahresretreat zu beginnen. Er lässt alles hinter sich – die schützenden Klostermauern, seine Schüler und seine Unterstützer. Und schon bald erkennt er, dass das einfache Leben mit überfüllten Zügen, übel riechenden Bahnhöfen und einfachen Herbergen nicht sein größtes Problem ist. Denn er wird krank, todkrank.

Die Erfahrungen des überaus kundigen tibetischen Buddhisten verändern sein Leben – und weil er sie gemeinsam mit Helen Tworokov aufgeschrieben hat, haben sie das Potenzial auch andere Leben zu verändern. Lediglich die Sprache wirkt in der deutschen Fassung stellenweise ungewohnt – vielleicht lohnt es sich also, gleich zur englischen Version des Buches zu greifen.

Auf dem Weg

Stille, die aus dem Herzen kommt

Thich Nhat Hanh (2018): Stille, die aus dem Herzen kommt – Innere Ruhe finden in einer lauten Welt; Wilhelm Heyne Verlag

Ananda stelle erneut seine dringliche Frage:
„Geliebter Lehrer, die Sone wird gleich aufgehen,
möchtest du nicht zu den Mönchen sprechen?“
Endlich antwortete der Buddha:
„Weshalb möchtest Du, dass ich spreche?
Lehrer und Schüler sitzen in Frieden und Zufriedenheit,
genügt das nicht?“

Es ist ein Plädoyer für die Stille, das kleine, nur knapp 160 Seiten starke Spätwerk von Thich Nhat Hanh. Erst wenn wir den Lärm um uns und in uns von Zeit zu Zeit hinter uns lassen, können wir das wahre Leben finden – jenseits der kurzfristigen Ablenkungen. Dabei ist das Buch reich an Geschichten aus dem Leben Thich Nhat Hanhs und der buddhistischen Tradition. Noch wertvoller ist aber, dass das Buch weit über ein reines Plädoyer hinausgeht, in dem es zahlreiche, praktische Anleitungen gibt, die zwar tief in der buddhistischen Tradition wurzeln, aber so leichtfüßig daher kommen, dass man fast gar nicht anders kann als sie auszuprobieren.

Stille, die aus dem Herzen kommt

„Verweile doch!“-Augenblicke

„Werd’ ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“. Mit diesen Worten besiegelt Faust den Teufelspakt.

Der Pakt bezieht sich also auf den perfekten Augenblick, auf einen Zustand der ewig dauern dürfte, kurz einen „Verweile doch!“-Augenblick.

Wie aber lassen sich solche besonderen Augenblicke finden? Gilt es dazu vom Heliskiing über das Bungee-Jumping ins 5-Sterne-Wellness-Hotel zu eilen? Vermutlich nicht – man würde unweigerlich beim Heliskiing bereits ans Bungee-Jumping und beim Bungee-Jumping bereits ans Luxus-Hotel denken (und so weiter und so fort). Kein Augenblick wäre also geeignet „zu verweilen“.

Gib es denn überhaupt einen Weg, mehr solcher „Verweile doch!“-Augenblicke zu erleben? Ich denke schon. Nur statt stets nach dem Besonderen zu suchen, gilt es das Normale stärker zu beachten. Wir betrachten also einfach den gegenwärtigen Moment, ohne zu werten mit einer klaren, wachen Offenheit. Wir bleiben ganz im Augenblick (ohne Vergangenheit und Zukunft) und nehmen die ganze Weite der Gegenwart wahr. Und immer wenn uns das gelingt, wenn es uns wirklich gelingt, dann erleben wir ziemlich sicher gerade einen „Verweile doch!“-Augenblick.

Vielleicht gelingt ein solcher Moment perfekter Achtsamkeit anfangs nur sporadisch, aber sobald er uns einmal gelungen ist, wird er uns immer wieder und immer häufiger gelingen. Und sobald wir ein wenig geübt sind, können wir unsere Aufmerksamkeit auf unseren Körper lenken, dann auf unserer Wahrnehmungen und Gefühle und schließlich auf unseren Geist und das was gerade in ihm vorgeht. Dabei bleiben wir weiter ganz in der Gegenwart, beobachten mit liebevoller Aufmerksamkeit… alles darf da sein… verweile doch, oh Augenblick! Du bis so schön.

„Verweile doch!“-Augenblicke